Liebe Leute,
es ist schon zu spät, um euch ein frohes Weihnachtsfest zu wünschen, aber ich hoffe, ihr hattet alle ein frohes Weihnachtsfest. Für mich war Weihnachten dieses Jahr ein bisschen anders als sonst. Bevor ich euch von meine Weihnachten erzähle will ich euch erst etwas anders erzählen.

Ende Oktober habe ich euch gebeten, Geld für den Weihnachtswunsch der Menschen in Balay Samaritano zu spenden, nämlich einen Tag am Strand. Und OMG, es hat einfach geklappt. Am letzten Novemberwochenende fuhren wir mit 85 älteren Menschen und Kindern an den Strand. Die Vorbereitung war nicht ganz einfach. Zuerst brauchten wir die Erlaubnis aller Eltern für die Kinder und es gab noch ein paar andere Dinge auf der To-Do-Liste, wie z. B.: Transport organisieren, Frühstück, Mittagessen und Snacks zubereiten, Getränke, Strandhaus mieten und so weiter. Glücklicherweise musste ich das alles nicht selbst organisieren. Ate Jovie organisierte das Strandhaus, Ate Jenna kochte buchstäblich die ganze Nacht, damit wir am nächsten Tag alle gut essen konnten, und ich organisierte den Transport. Wir nahmen 5 Pfannen Reis, 2 Eimer Brathähnchen, zwei Eimer Pancit, 3 Eimer Schweinerippchen, 85 Hamburger, 10 Tüten mit Süßigkeiten und Keksen, ich weiß nicht, wie viele Flaschen Cola, Fanta und Sprite und 10 Packungen Saft mit. Wenn ihr euch fragt, wie all diese Menschen, Lebensmittel und Getränke in diese zwei Busse passen......., kann ich euch sagen, dass es einfach nur eine Frage des Packens war. Zwei Tage bevor wir an den Strand fahren sollten, erhielten wir schlechte Nachrichten: Ein Taifun war im Anmarsch. Aber auf wundersame Weise änderte der Taifun seinen Kurs und wir konnten zum Glück trotzdem zum Strand fahren. Der Strandtag war ein großer Erfolg. Wir schwammen, sangen, aßen, tranken, spielten und hatten einfach Spaß. Alle waren so glücklich und so fröhlich. Es war ein Tag, den ich nie vergessen werde, und das alles war nur dank euch möglich, und dafür möchte ich euch herzlich danken.



In der ersten Dezemberwoche wurde ich von einer anderen Schwestergemeinschaft eingeladen, ihnen bei ihrem "Missionstag" auf der kleinen Insel Caubian zu helfen. Die Insel Caubian liegt etwa 1,5 Bootsstunden von Cebu City entfernt und kann nur mit einem Privatboot erreicht werden. Der "Missionstag" wurde für 400 Kinder von der Insel organisiert. Wir hatten 400 Lunchpakete, Bastelsets, Geschenke und Süßigkeitentüten an Bord, die bei der Ankunft zunächst in die Turnhalle der Schule gebracht werden mussten. Dazu sollte ich noch erwähnen, dass Caubian eine unglaublich kleine Insel ist und unglaublich überbevölkert. Auf dieser Insel gibt es keine Autos, Fahrräder, Motorräder oder andere Verkehrsmittel. Die Straßen sind sehr eng, und manchmal läuft man durch die Häuser von den Leuten. Als wir in der kleinen Turnhalle ankamen, wurden die 400 Kinder in Altersgruppen eingeteilt, und unsere Unterhaltung konnte beginnen. Es wurde gesungen, getanzt und gebastelt, und danach wurden die Lunchpakete und Geschenke an jede Gruppe verteilt. Es war ein toller Tag, und auch die anderen Freiwilligen, die an diesem Tag mithalfen, waren sehr lustig und nett. Es war eine weitere besondere Erfahrung. Etwas, von dem ich nie gedacht hätte, dass ich es erleben würde.

Der Dezember stand ganz im Zeichen von Weihnachten und gaaaaanz vielen Weihnachtsfeiern. Die erste Weihnachtsfeier war bereits am 11. Dezember mit allen Vätern und den Mitarbeitern, die für die Väter arbeiten. Wir haben auf der Dachterrasse der Väter gefeiert und es gab jede Menge Essen und Spaß. Typisch für die Philippinen ist, dass jeder etwas präsentieren muss. Man kann zwischen einem Tanz oder einem Lied wählen, hahahha. Ich hatte nicht erwartet, dass die Leute das tatsächlich machen, aber zu meiner Überraschung waren alle dabei, sogar die Väter. Und nach dem Abendessen wurde auch die Karaoke offiziell eröffnet und der Abend wurde noch lustiger. Am 16. Dezember begann die 'missa de gallo', eine alte philippinische Weihnachtstradition. Es handelt sich dabei um eine Reihe von 9 Morgengottesdiensten in der Vorweihnachtszeit. Als die Tradition ins Leben gerufen wurde, beschloss man, den Morgengottesdienst um 4 Uhr morgens abzuhalten, damit auch die Landwirte an den Gottesdiensten teilnehmen konnten, bevor sie auf ihre Felder gingen. Während der Missa de Gallo in Cebu City waren sehr viele Menschen in den Kirchen. Die Kirchen waren überfüllt und sogar die Straßen vor der Kirche waren voller Menschen. Wenn man das nicht mit eigenen Augen gesehen hat, kann man es vielleicht nicht glauben. Ich habe 7 von 9 Morgengottesdiensten besucht, denn um 3 Uhr morgens aufzustehen ist wirklich früh! In der Weihnachtszeit war ich viel bei den Schwestern und wir hatten gutes Essen und lustige Spiele. Es gab auch eine Weihnachtsfeier unserer Freiwilligenorganisation JPIC, und ich habe den 25. mit zwei philippinischen Freunden gefeiert. Ich bin dankbar für die vielen Einladungen. Und alle Leute die mich so liebevoll aufgenommen haben.

In Balay Samaritano haben wir natürlich auch Weihnachten gefeiert. In Vorbereitung auf unser Fest habe ich mit den Kindern einen großen Weihnachtsbaum aus Pappe gemacht und mit den älteren Menschen Weihnachtskarten gebastelt. Und ohne Weihnachtsplätzchen ist es natürlich auch nicht Weihnachten. Bevor die Mission 'Weihnachtsplätzchen backen' losgehen konnte, habe ich alle Kinder von Kopf bis Fuß gewaschen damit die auch alle sauber sind. Und dann konnten wir uns austoben. Während dieser Aktion haben die Kinder und ich viel gelacht. Sie waren alle mit Mehl bedeckt und ein kleiner Junge hatte seinen Teig komplett aufgegessen, bevor das backen angefangen hat. Als die Kekse aus dem Ofen kamen, mussten wir sie natürlich noch verzieren. Ich glaube, das war mein Lieblingsmoment. Jedes Plätzchen wurde mit einem Berg von Zuckerguss, Schokolade und Konfetti verziert. Nach dem Verzieren war es natürlich schwierig, den Kindern zu erklären, dass wir jetzt nicht alle Kekse essen können, weil wir auch noch welche für den nächsten Tag brauchen (Weihnachtsparty in Balay Samaritano). Insgesamt hatten wir drei Kilo Teig, mit dem wir über 200 Kekse gebacken haben. Von 9 Uhr morgens bis 4 Uhr nachmittags 😅. Es war eine erfolgreiche Backsession!

Unsere Weihnachtsfeier war ein großer, wilder, chaotischer, lustiger und unterhaltsamer Tag. Mit so vielen Menschen und Kindern, die sich riesig auf die Geschenke, das Essen und die geplanten Aktivitäten freuten, war es fast zu viel. Aber wir haben uns alle gut amüsiert. Mein persönliches Highlight war der Weihnachtsgottesdienst in Balay Samaritano. Bevor man zur Kommunion geht, wünscht man sich gegenseitig Frieden und die Kinder besuchen die älteren Menschen, um sie zu segnen. Dazu halten sie die Hand der älteren Person an deren Stirn. Das ist eine Form des Respekts. Ich fühle mich ein wenig akward, wenn die Kinder das mit mir machen, also gebe ich ihnen immer einen Kuss auf den Kopf, um meine Liebe und meinen Respekt für sie auszudrücken. Als ich das bei dem Mädchen neben mir gemacht habe, kamen bald alle anderen Kinder und wollten auch einen Kuss. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich nicht genug Hände und Arme für alle habe. Die Bindung, die ich bereits zu diesen Kindern aufgebaut habe, ist unbeschreiblich, und im Moment kann und will ich nicht daran denken, sie je wieder zu verlassen. Ich muss mich täglich daran erinnern, dass ich nicht ihre Mutter, Schwester oder Lebensretterin bin. Aber ich lebe im Hier und Jetzt und kann ihnen für die Zeit, die ich hier bin, meine Liebe geben. Diese Kinder sind stark und werden auch ohne mich überleben.

Zwei Wochen vor Weihnachten ist etwas Heftiges passiert, und ich wusste nicht, ob ich euch davon erzählen sollte. Aber ich denke, es ist gut zu wissen, dass hier auch Dinge passieren, die nicht so schön sind. Meine kleine Freundin Julia, 1 Jahr alt, war wieder einmal mit ihrer Mutter und ihrem Bruder in Balay Samaritano. Sie hat mein Herz seit Tag 1 erobert. Nachdem ich mit ihr gekuschelt hatte und sie zurück zu ihrer Mutter laufen wollte, rutschte sie aus und fiel auf den Hinterkopf. Der Sturz auf den Hinterkopf verursachte einen epileptischen Anfall. Man muss sich vorstellen, dass man vor einem so hilflosen, unschuldigen kleinen Mädchen steht, das in diesem Moment einen epileptischen Anfall hat und niemand weiß, was zu tun ist. Und dann versuche ich als jemand, der keinerlei medizinische Kenntnisse hat, das Kommando zu übernehmen, weil sonst nichts passiert. Nach 10 Minuten sind sie ins Krankenhaus gefahren. Aber auch im Krankenhaus läuft es nicht so wie in den Niederlanden oder Deutschland.  Inzwischen weiß ich, dass sie noch am Leben ist, denn ich habe sie letzte Woche mit ihrer Mutter und ihrem Bruder auf der Straße gesehen. Was ich so schockierend finde, ist, dass es keine professionelle, finanzielle und soziale Hilfe für diese Art von Situationen gibt. Jetzt, wo ich seit vier Monaten hier bin, erfahre ich immer mehr Dinge. Die Kinder erzählen mir von ihren Problemen, von ihrem Leben und von den schrecklichen Dingen, die sie in jungen Jahren erlebt haben. Aber was kann ich tun? Außer zuzuhören und ihnen eine sichere Zeit zu bieten, wenn sie in Balay Samaritano sind, bin ich machtlos. Manchmal ist das alles so frustrierend, und doch gebe ich nicht auf, denn die Kinder hier geben auch nicht auf. Jeden Tag stehe ich auf und bete für diese Kinder. Denn das ist etwas, was ich tun kann.

Vielleicht ist das ein trauriges Ende für diesen Beitrag, aber es ist die Wahrheit. Und trotz all des Elends bin ich unglaublich glücklich, hier zu sein. Zum Glück erlebe ich auch super viele schöne Momente hier in Cebu, die mir die Kraft geben, jeden Tag voller neuer Motivation ins Balay Samaritano zu gehen.

Ich wünsche euch allen einen guten Rutsch ins neue Jahr und ein glückliches 2024!

Ganz viel Liebe,
Amarins

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