Die Projektgruppe "Lebendige Liturgie" in der Pfarrei St. Anna gestaltet in der Fastenzeit 2023 eine "Auszeit" in der St. Nikolaus Kirche in Issum. Hier die zweite Station der "Holzwege".

Foto: A. WeggenZum Weiterdenken                      

Das Zeichen

Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt, ist das nicht ein Fingerzeig, dass die Liebe bleibt? Dass das Leben nicht verging, so viel Blut auch schreit, achtet dieses nicht gering in der trübsten Zeit. Tausende zerstampft der Krieg, eine Welt vergeht.

Doch des Lebens Blütensieg leicht im Winde weht. Freunde, dass der Mandelzweig sich in Blüten wiegt, das bleibt mir ein Fingerzeig für des Lebens Sieg.

1942 schreibt Schalom Ben-Chorin diese Zeilen. „Das Zeichen" nennt er sein Gedicht. Er schreibt es, als sich die Schreckensmeldungen über den Krieg und die Vernichtung seines Volkes häufen. Wenn der Mann, der 1935 aus Nazi-Deutschland floh, verzagt und hoffnungslos ist, tröstet ihn die leise Botschaft des Mandelbaums. Denn er blüht, wenn ringsum noch alles kahl ist und auf den hohen Hügeln rund um Jerusalem noch Schnee liegt. In Israel ist er auch heute noch ein Symbol für das neue Leben nach dem Winter. Schalom Ben-Chorin blieb zeitlebens in seiner Muttersprache zu Hause und schrieb deutsch, Ob sein berühmtes Gedicht ins Hebräische übersetzt wurde? Im Hebräischen läge die Anleihe beim Propheten Jeremia offen zutage. Dort heißt es in 1,11-12: „Und siehe des Herrn Wort geschah zu mir und er sagte: Was siehst du, Jeremia? Und ich antwortete: Ich sehe den Zweig eines Mandelbaums (schaked). Und der Herr sprach zu mir: Du hast recht gesehen, denn ich wache (schoked) über mein Wort, dass ich es halte. " Der Kundige erkennt das Wortspiel und versteht: Der Mandelbaum ist Zeichen, dass Gott über seine Schöpfung wacht. (Margret Johannsen)

aus: Robert Weinbuch, Kursänderung (Pustet-Verlag) – mit freundlicher Genehmigung des Verlages