
„Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen.“
Manchmal geht es mir so im Leben. Da sitze ewig vor einem Problem. Und dann macht es irgendwann klick und die Lösung ist da. Ab und zu kommt die Idee von mir selbst. Meist aber im Gespräch mit anderen. Zum Beispiel mit meiner Frau. Da überlege ich, wie ich etwas umsetzen kann, denn so ganz kreativ bin ich leider nicht wirklich, und meine Frau denkt ein paar Sekunden drüber nach und findet eine gute Lösung für mich. Ich bin dann meist echt baff: So einfach kann eine Lösung sein. Hätte ich mal eher den Mund aufgemacht, dann wäre mir manche Stunde Kopfzerbrechen erspart geblieben.
Ähnlich geht es zwei Jüngern im heutigen Evangelium (Lukas 24, 13-35). Sie machen sich auf den Weg nach Emmaus. Das sind knapp 11,5 km. Dabei sind die traurig. Denn: Jesus ist tot. Noch schlimmer für sie: Sein Leichnam ist gestohlen worden. Sie unterhalten sich über das, was passiert ist und verstehen es nicht. Da kommt jemand zu ihnen. Es ist Jesus, aber sie erkennen ihn nicht. Er tut so, als wenn er von nichts wüsste. Nachdem die Jünger ihm die Geschichte seines Todes erzählt haben, fängt an zu erklären, warum es so geschehen musste, wie es geschehen ist. So erreichen sie ihr Ziel. Die Neugier der beiden Jünger ist geweckt. Sie möchten, dass Jesus bei ihnen bleibt – was er auch gerne tut. Am Tisch essen sie miteinander – verständlich nach einer langen Wanderung. Dann erkennen sie Jesus: Als er noch einmal das Brot nimmt, es segnet und seinen Freunden reicht. Als sie erkennen, was passiert ist, ist Jesus schon wieder verschwunden. Da fällt es ihnen wie Schuppen von den Augen, dass Jesus die ganze Zeit bei Ihnen war. Gestärkt durch das Essen und die Begegnung mit Jesus machen sie sich auf den Weg zurück und treffen sich mit den anderen Jüngern. Sie berichten sich von ihren Erfahrungen mit dem auferstanden Jesus.
In diesem Jahr konnte ich die Gottesdienste nur im Livestream verfolgen. Überall das gleiche Bild: Egal ob in Münster, Rheurdt oder Werne, wo Thomas Patenonkel Priester ist. Leere Kirchen. Was aber überall gleich ist, finden wir auch im Evangelium: Jesus ist selbst gegenwärtig. Jedes Mal, wenn wir Eucharistie feiern glauben wir: Jesus ist selbst da. Ich gebe zu: Mir fehlt das Gemeinschaftsgefühl der Messe schon sehr. Auch das Jesus selbst im Brot zu mir kommt. Was mir aber in dieser Zeit noch einmal deutlich die Augen geöffnet hat: Jesus ist nicht nur in der Kirche im gewandelten Brot zu finden, sondern ganz oft in den alltäglichen Situationen in meinem Leben. Für die kommende Zeit wünsche ich mir, dass es mir öfter wie den Jüngern geht und es mir wie Schuppen von den Augen fällt, dass Gott ganz in meiner Nähe ist.
Volker Mengeringhausen