
„Sieben Mal am Tag singe ich dein Lob, wegen der Entscheide deiner Gerechtigkeit“ heißt es in Psalm 119. Dieses Leitwort gilt in vielen Klöstern. Siebenmal am Tag versammeln sich die Mönche zum Gebet. Diese Einleitung findet sich auch im Stundengebet – das Gebet zu dem Diakone und Priester verpflichtet sind.
Das Stundengebet begleitet mich schon eine lange Zeit. Kennengelernt habe ich es in Neuss, wo ich mein Fachabitur nachgeholt habe. Am Anfang war es schwer für mich. Eine komplett neue Gebetsform. Ein Hymnus zu Beginn. Drei Psalmen. Eine Bibelstelle. Ein Responsorium. Noch ein Psalmgebet. Fürbitten. Das Vater unser. Ein Schlussgebet und der Segen. Es hat einige Wochen gedauert, bis diese Gebetsform meine wurde. Zugegeben: Ich habe nie alle Gebetszeiten gebetet. Dafür fehlte im normalen Schulalltag die Zeit. Aber was mich bis heute begleitet: Die Laudes am Morgen und die Vesper am Abend. Jeden Tag versuche ich diese beiden Gebetszeiten zu beten. Mir bewusst Zeit für Gott zu nehmen. Es klappt leider nicht jeden Tag gleich gut. Mit zwei Kindern nicht immer so einfach – aber ich denke hier hat Gott Verständnis.
Auch die heutigen Texte sind vom Gebet geprägt. Im Evangelium schließt Jesus seine Jünger in das Abschiedsgebet mit ein. Betet für sie. Damit sie Kraft für die Aufgabe geschenkt bekommen, die vor ihnen liegt. In der Lesung sind die Jünger in einer aufgewühlten Situation. Jesus ist aufgefahren zu Gott. Sie stehen alleine da. Ziehen sich zum Gebet zurück. Das Gebet begleitet die Jünger, stärkt sie aber auch.
Ähnlich wie den Jüngern geht es mir auch: Wenn ich mich zum Gebet zurückziehe, kann ich durchschnaufen. Meinen Tag vor Gott bringen. Ihm das sagen, was mich bewegt hat. Positives wie negatives. In meinem Gebet trage ich auch immer die Sorgen, Wünsche und schönen Erlebnisse von anderen Menschen vor Gott. So kann ich für sie da sein. Ein bisschen wie die Jünger. Auf der anderen Seite freue ich mich immer riesig, wenn jemand anders für mich betet. Dann weiß ich genau: Meine Anliegen sind Menschen wichtig und sie tragen mich vor Gott.
Vielleicht kann es für die kommende Zeit eine kleine Anregung sein: Beim persönlichen Gebet auch jemand anderen mit zu Gott nehmen, damit es ihm ähnlich wie den Jüngern geht, die wissen, dass sie im Gebet getragen sind.
Volker Mengeringhausen
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